Dürfen die Einkommensniveaus von helfenden Berufen und bspw. Profifußballspielern miteinander verglichen werden? Ja, wenn man sich der Grenzen der Vergleichbarkeit bewusst ist. Werden die unterschiedlichen Bedingungen in den Berufsbildern berücksichtigt, ist ein Vergleich zulässig und öffnet den Blick auf umfassende Zusammenhänge.
Die Forderung nach Begrenzung der Gehälter ist eine scheinheilige Debatte
Jahr für Jahr werden in der Berichtssaison der Hauptversammlungen die Einkommensunterschiede zwischen dem Topmanagement (Vorstand) und der Belegschaft des jeweiligen Unternehmens diskutiert. Häufig und unabhängig von Fehlverhalten wird einfach eine Deckelung der Vorstandsbezüge verlangt. Es soll hier nicht bestritten werden, dass die gezeigte Leistung von Vorständen nicht immer der individuellen Vergütung entsprechen mag. Dürfen deshalb an Hand von Einzelfällen für alle Topmanager einschneidende Maßnahmen gefordert werden, wenn gleichzeitig enorme andere Ungleichgewichte in der Vergütung anstandslos akzeptiert werden? Die sehr hohen Einkünfte von z.B. Topschauspielern, Sängern oder Profifußballern werden relativ unwidersprochen hingenommen. Dies zeigt die im Grundsatz unaufrichtige Diskussion um die Höhe einer fairen Vergütung für geleistete Arbeit.
Corona beleuchtet unfaire Einkommensniveaus in Deutschland
Gerade durch die Corona-Pandemie werden die Ungleichgewichte in der Entlohnung schlaglichtartig verdeutlicht. Im Folgenden wird dies am Beispiel von Pflegeberufen und Profifußballern aufgezeigt. Statt der Profispieler könnten jedoch auch Entertainer oder sonstige Topverdiener herangezogen werden.
Zu Beginn der Coronakrise wurden die stillen Helden aus dem Gesundheits- und Sozialwesen beklatscht und gefeiert. Einige dieser Heldinnen und Helden machten zu Recht auf das Ungleichgewicht zwischen der zu übernehmenden Verantwortung im Beruf und der Entlohnung dieser Verantwortung aufmerksam. In der Folge wurde dann relativ kurz über Einmalzahlungen in Höhe von 1.500 EUR diskutiert und das Gebot der Stunde bejaht. Die konkrete Ausgestaltung des „Pflegebonus“ wird aber immer noch seitens der Politik mit allen Beteiligten erörtert.
Durchschnittliche Grundeinkommen in der Pflege und im Profifußball
Laut dem Statistischen Bundesamt betrug der Jahresdurchschnittsverdienst im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen brutto 34.120 EUR. Die Spielergehälter (ohne Boni und Werbeeinnahmen etc.) der Fußball-Bundesligisten in der Saison 2019/2020 lagen z. B. beim SC Paderborn im Durchschnitt bei brutto rd. 390.000 EUR und beim FC Bayern München brutto bei durchschnittlichen 7.500.000 EUR. Werden diese Durchschnittsgehälter auf das durchschnittliche Jahresgehalt im Bereich Gesundheits- und Sozialwesen bezogen, entspricht dies dem Faktor 11 (SC Paderborn) bzw. Faktor 220 (FC Bayern München).
Anmerkung: Bei einem VW-Vorstand wird bereits der Faktor 127 (im Vergleich zum Durchschnittsgehalt eines VW-Mitarbeiters) kritisch gesehen.
Erzeugen Profifußballer einen realen Mehrwert?
Dennoch ist die Frage erlaubt, ob diese Faktorverhältnisse noch fair sind. Von der Sinnhaftigkeit ganz zu schweigen! Welchen Mehrwert schaffen Profifußballer in ihren Fußballclubs im Vergleich zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den helfenden Berufen oder zu anderen Mitarbeitern und deren Führungskräften in der Realwirtschaft? Produzieren Profifußballer das moderne Opium fürs Volk und sind deshalb so wichtig?
Die scheinbare Vorbildwirkung des Profifußballs
Die Politik scheint eine Vorbildwirkung anzunehmen, da seit dem 16. Mai Geisterspiele möglich sind. Doch das Argument der Vorbildwirkung der Profifußballer erscheint sehr zweifelhaft. Die Realität zeigt das glatte Gegenteil: Bereits im Vorfeld der ersten Spiele versagte die beschworene Vorbildwirkung (Video des Fußballers Salomon Kalou). Und eines der ersten Spiele unter Beteiligung des Berliner Clubs Hertha (Ø Jahreseinkommen der Spieler 1,3 Mio. EUR und damit Faktor 38 bezogen auf Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen) zeigte dann ganz deutlich auf, dass im Spiel die geltenden (Hygiene-) Regeln nahezu vorsätzlich missachtet wurden. Gesellschaftliche Vorbilder sehen anders aus und halten Regeln ein!
Welche Konsequenzen können wir ziehen?
Im Nachgang der Corona-Pandemie sollte die Diskussion geführt werden: Welche Leistung ist uns gesellschaftlich betrachtet überhaupt etwas und in welcher Höhe wert. Dazu gehören Fragen:
- Muss der gesellschaftliche Wert wertgeschätzter Tätigkeiten sich auch ökonomisch ausdrücken?
- Wie wird „Wertschätzung“ in „Wert“ übertragen?
- Wie wird eine faire Vergütung gestaltet?
- Wie bewerten wir Weiterbildung?
- Wie wichtig sind uns familienfreundliche Arbeitszeitmodelle?
- Wie hoch ist unsere Wertschätzung/Anerkennung gegenüber Teilzeitkräften und/oder Minijobbern im Vergleich zu Vollzeitkräften?
- Was sind wir bereit, dafür zu zahlen?
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