Home-Office / Remote Work – Auswirkung auf das Gehalt?

von | 26. Apr. 2021

Mobiles Arbeiten wird zukünftig weiterhin zunehmen. Damit ergeben sich Vorteile für die Gewinnung und Bindung von Talenten und Fachkräften. Der Arbeitsort war schon immer ein Schlüsselelement bei der Gehaltsfindung.

Der Ort von Home-Office oder Remote Work sollte bei der Gehaltsfindung berücksichtigt werden.

Die Corona-Pandemie hat unser bewährtes HR-Setting in den vergangenen Monaten komplett auf den Kopf gestellt. Die Bundesregierung wünscht eine Verpflichtung zu mehr Homeoffice – zumindest im Rahmen der Möglichkeiten.

Arbeitgeber sollen künftig Beschäftigten in Büro- oder vergleichbaren Tätigkeiten die Option „Home-Office“ anbieten. Arbeitgebervertreter lehnen zwar eine gesetzliche Pflicht zum Home-Office ab, stehen der Idee Home-Office jedoch nicht grundsätzlich negativ gegenüber.

Viele Arbeitnehmer bevorzugen inzwischen die Flexibilität von Home-Office und mobiles Arbeiten (Remote Work), sofern sie auch ein oder zweimal in der Woche die Gelegenheit zum Arbeiten vor Ort in Büros des Unternehmens haben.

Im Unterschied zum Home-Office kann der Arbeitnehmer beim mobilen Arbeiten seine Arbeitsplätze selbst festlegen. Zurzeit werden die Bezeichnungen „Home-Office und mobiles Arbeiten / Remote Work“ fließend unter dem Begriff Home-Office oder aber auch Remote-Work subsumiert. Dieser Handhabung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern folgt auch die nachstehende Ausführung.

Was bedeutet Remote-Work für die Vergütung der Beschäftigten?

Unternehmen, die künftig ortsunabhängig Jobs anbieten, sieht das manager magazin im Vorteil.

Die durch die Corona-Pandemie erzwungenen Erfahrungen mit der Arbeit im Home-Office und erweitert als Remote Work ist ein scheinbar unaufhaltsamer Trend.

Bereits vor Jahren diskutierten wir im Rahmen der Gestaltung eines Tarifvertrages mit Ver.di die Auswirkung der regional unterschiedlichen Kaufkraft auf das zu tarifierende Gehalt. Mit dem Trend zu Remote Work wird die Frage nach dem Ort der Arbeitserbringung noch deutlicher in den Vordergrund treten. Soll es das klassische Büro im oder aber ein vom Arbeitnehmer frei gewählter Ort sein?

Was gehört zur Vergütung?

In der Gesamtvergütung werden üblicherweise Grundgehalt, leistungsbezogene Vergütungsbestandteile und Nebenleistungen zusammengefasst. Manche Unternehmen versuchen ebenso Faktoren, wie bspw. Karriereentwicklung oder die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit, in das Gesamtpaket für die Beschäftigten mit aufzunehmen.

Mit dem wachsenden Trend zu Remote Work wird der Arbeitsort ebenfalls ein wichtiger Punkt im Zusammenspiel der Vergütungskomponenten sein. Für Unternehmen bietet sich der Vorteil, dass sie einen weiteren mächtigen neuen Hebel haben, um ihre Talentstrategie voranzutreiben. Unternehmen, die dies erkennen und den Arbeitsort mit Bedacht in ihr Wertversprechen an die Beschäftigten einbeziehen, können davon erheblich profitieren:

  • Talente / Fachkräfte finden: Unternehmen können Talente / Fachkräfte, die sie benötigen oder wollen, häufig nicht an ihrem Standort finden. Bislang blieb nur die Wahl zwischen möglicherweise nicht optimal talentierten Fachkräften oder die Möglichkeit teurer Mobilitätsangebote, um Talente an den Arbeitsort zu bringen. In beiden Fällen dürfte es sich für die Unternehmen eher um kostenintensive Optionen handeln. 
    Wenn Unternehmen in der Lage sind, effektive Remote-Arbeit zu ermöglichen, werden sie in der Lage sein, viel mehr Talente / Fachkräfte anzuziehen. Also Menschen, die aus welchen Gründen auch immer ihren aktuellen Lebensmittelpunkt oder eine Remote-Arbeitsumgebung bevorzugen. Mit anderen Worten: Der Softwareentwickler, der Weißenfels in Sachsen-Anhalt nicht verlassen möchte, ist jetzt in Reichweite.
  • Talente / Fachkräfte binden: Jedes Unternehmen hat schon Talente aufgrund persönlicher Bedürfnisse verloren. Vielleicht bekam der Partner eines wichtigen Mitarbeiters einen neuen Job in einer anderen Stadt / Region oder er muss umziehen, um sich um die kranken Eltern zu kümmern. 
    Die Menge an unternehmensspezifischen Wissen, die diese Mitarbeiter mitnehmen, ist überwältigend. Unternehmen müssen viel Zeit und Geld investieren, um diese Mitarbeiter zu ersetzen und neue Mitarbeiter zu schulen. Durch ein Investment in Remote Work können Unternehmen diese Fachkräfte und das Wissen retten und so Unterbrechungen minimieren und Kosten und Zeit sparen. Man könnte auch annehmen, dass ein Mitarbeiter, der dort leben kann, wo er möchte, glücklicher ist und bei einem Unternehmen bleiben möchte, welches ihm diesen Lebensstil ermöglicht.
  • Talente / Fachkräfte fördern: Viele Unternehmen nutzen bereits vielfältige und integrative Teams (Stichwort: Diversity Management) zur Sicherung des Unternehmenserfolges. Vielfalt bedeutet viele Dinge und eine erweiterte Definition könnte den Arbeitsort einschließen. Menschen, die in Trient leben, sehen die Welt ganz anders als Menschen in Flensburg – und das ist auch gut so. Vielfalt sorgt für eine einzigartige Mischung aus Ideen und unterschiedlichen Perspektiven, die Kreativität und Leistung in unseren Unternehmen beflügeln. Der Standort ersetzt keineswegs andere Bemühungen um Vielfalt und Integration, aber er kann eine wesentliche Ergänzung bei der Verbesserung der Diversity-Strategie eines Unternehmens leisten.

Vorteile für die Beschäftigten

  • Weniger Zeitaufwand für das Pendeln in das Firmenbüro, wenn nur ein bis zweimal pro Woche erforderlich
  • Geringere CO2-Belastung und geringere Mobilitätskosten
  • Reduktion alltäglicher Kosten (z. B. für Garderobe und Restaurantbesuche)
  • Erhöhte Produktivität
  • Erhöhte Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Verbesserte Lebensqualität

Arbeiten, von wo die Beschäftigten es wollen

Corona bedingt haben sich inzwischen viele Unternehmen mit der Hardware und der Technologie befasst, die für eine sichere und datenschutzkonforme Remote Work erforderlich ist. Nicht wenige Unternehmen wollen Remote Work auch nach der Pandemie beibehalten. Der individuelle Arbeitsplatz wird umdefiniert zum Treffpunkt. Das Büro wird ein Ort des Austauschs und gemeinsamen Entwickelns. Arbeiten, die gut, schnell und sinnvoll zu Hause erledigt werden können, sollten weiter zu Hause ausgeführt werden.

Zu den vorgenannten Begleitumständen von Remote Work haben viele Unternehmen bereits ihren Standpunkt entwickelt. Allerdings sind in Deutschland bislang keine nennenswerten Überlegungen über die Auswirkungen von Remote Work auf die Vergütung der Beschäftigten bekannt. Anders sieht es in den USA aus.


Besonders Tech-Unternehmen aus dem Silicon Valley beginnen damit, ihre Mitarbeiter ortsunabhängig, also mobil, arbeiten zu lassen —, wenn sie ein niedrigeres Gehalt akzeptieren. Mitarbeiter, die dauerhaft ortsunabhängig arbeiten können, sollen niedrigere Gehälter erhalten. Ein Mitarbeiter, der beispielsweise nach Denver in Colorado zieht, wird laut Bloomberg 18 Prozent weniger Gehalt erhalten.

Können diese Gehaltsänderungen gerecht in einem Vergütungssystem berücksichtigt werden?

Ja, wenn der Unterschied zwischen den Kosten für das Gehalt und für die Lebenshaltung berücksichtigt wird.

Das Gehalt wird in einem Unternehmen typischerweise für eine bestimmte Funktion an einem bestimmten Ort festgelegt. Dabei werden meistens folgende Kriterien, bspw. auf der Basis einer Stellenbewertung, berücksichtigt:

  • Branche
  • Region (Nord / Süd oder West / Ost)
  • Stellenmarkt
  • Bildungshintergrund
  • Berufserfahrung und / oder Dienstalter / Verantwortung.

Dieser angebots- und nachfragebasierte Ansatz, wird seit Jahren für die Festlegung von Gehältern verwendet.

Bei den Lebenshaltungskosten handelt es sich um Kosten um private Ausgaben einer Person oder eines Haushalts, die nötig sind, um das alltägliche Leben an einem bestimmten Ort zu bestreiten. Darunter fallen üblicherweise die Kosten für …

  • Miete und / oder Übernachtungspreise von Herbergen / Pensionen
  • Verpflegung
  • Hygiene und Körperpflege
  • Bekleidung
  • Bildung und Ausbildung
  • Haltung von Tieren
  • Unterhaltung von Fahrzeugen
  • Reisen, Sport und Unterhaltung / Vergnügen
  • Ausgaben für Versicherungen und andere regelmäßige Kosten.

Es ist einsichtig, dass diese Kosten sich zumindest teilweise von Ort zu Ort unterscheiden.

Mit dem Aufkommen von Remote Work im großen Umfang und nicht nur auf die unmittelbare Region begrenzt, sollten beide Kostenarten verstärkt betrachtet und aufeinander abgestimmt werden. Ansonsten entsteht ein starkes Ungleichgewicht in der Vergütung der Beschäftigten. Die einen arbeiten am teureren Firmenort und andere arbeiten auf den vergleichsweise günstigeren Kanaren oder in Kenia am Strand.

Selbst in Deutschland sind die Unterschiede teilweise gewaltig. 

Jahresgehalt eines Informatikers im Städtevergleich, um die Lebenshaltungskosten bei Remote-Work / Home-Office exemplarisch darzustellen.
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Das Jahresgehalt eines Informatikers in Düsseldorf beträgt 62.000 €. Für einen vergleichbaren Lebensstandard benötigt er in Bremerhaven ca. 42.626 € (31% weniger als das Düsseldorfer Gehalt). Im Jahr 2019 betrug das Durchschnittsgehalt in Bremerhaven 38.352 € (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2019).

Die Grafik zeigt ein äquivalentes Gehalt für eine Auswahl von Städten in Deutschland, unter Berücksichtigung der Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten. Bei den ausgewerteten Gehaltsniveaus hätte eine Person eine ähnliche Kaufkraft wie in Düsseldorf. Die Unterschiede in den Lebenshaltungskosten können einen signifikanten Unterschied bei gerechten Gehältern innerhalb der Belegschaft rechtfertigen.

Soll diese Entwicklung im Vergütungssystem eines Unternehmens berücksichtig werden?

Vor Corona richtete sich das Gehalt in der Regel nach dem Firmenstandort. Mit zunehmender Remote Work erscheint es nicht mehr sinnvoll, dieses Prinzip weiterhin alleinig anzuwenden. Bei Remote Work folgt die Arbeit den Mitarbeitern und nicht mehr diese der Arbeit. Es ist unerlässlich diese Veränderung in der Gehaltsbemessung zu berücksichtigen, um Lohngerechtigkeit und Fairness im Vergleich zu anderen Mitarbeitern zu gewährleisten.

Wie kann dies operativ umgesetzt werden?

Zwei Möglichkeiten werden im Folgenden aufgezeigt. Die Ausgangsbasis bildet eine Stellenbewertung. Mit Hilfe einer analytischen Stellenbewertung wird jeder Stelle über die Bewertung verschiedener Anforderungen, die eine Stelle aufweist bzw. die sie von den Stelleninhabern fordert ein bestimmter Wert zugewiesen. Dabei werden Fähigkeiten, Entscheidungskompetenz und Verantwortung definiert. Diese Anforderungen sind robuster gegenüber veränderten Ansprüchen an die Stellen, wie wir sie inzwischen in einem agilen Umfeld nahezu täglich erleben.

Unternehmensweite Gehaltsbänder

Auf dieser Basis werden wettbewerbsfähige Gehaltsbänder pro Stellenwertgruppe oder Grade über das gesamte Unternehmen hinweg gebildet.
 

respondeo - Darstellung Gehaltsband pro Grade (Wertigkeitsstufe)
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Wenn ein Mitarbeiter an einem Ort mit niedrigen Lebenshaltungskosten arbeitet, kann er aufgrund der Differenz zwischen den zentralen Gehaltsvorgaben und den Lebenshaltungskosten an seinem Standort einen Kaufkraftabschlag erhalten. Umgekehrt kann ein Remote-Mitarbeiter, der an einem Ort mit hohen Lebenshaltungskosten lebt, einen Kaufkraftzuschlag erfahren.

Der Grundgedanke besteht darin, dass eine Funktion einen bestimmten Wert für das Unternehmen hat und es keine Rolle spielt, wo diese Funktion ausgeübt wird.

Der Mitarbeiter erhält immer ein Gehalt im Rahmen des für seine Stelle entsprechenden Gehaltsbandes. Auf dieser Basis sind alle Beschäftigten vergleichbar. Im Anschluss wird der Zu- oder Abschlag gemäß den Lebenshaltungskosten vorgenommen.

Unter dem Stichwort Ortszuschlag wird dieser Ansatz bei den Vergütungssystemen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert.

Regionale Gehaltsbänder

Bei diesem Ansatz definieren Unternehmen klar abgrenzbare Regionen. Für diese wird jeweils ein Faktor, der bspw. Lebenshaltungskosten und Stellenmarkt berücksichtigt, ermittelt. Dieser Faktor wird dann auf die zentralen Gehaltsbänder angewandt und auf diese Weise ein regionales Gehaltsband entwickelt.

respondeo - Darstellung regionales Gehaltsband pro Grade (Wertigkeitsstufe)
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Alle Beschäftigten mit Wohnsitz oder langfristigen Aufenthalt innerhalb einer Region sind dann gemäß dem regionalen Gehaltsband zu vergüten.

Win-win-Situation für Beschäftigte und Arbeitgeber

Ein zusätzlicher Schritt ist erforderlich, damit Beschäftigte und Arbeitgeber durch die Berücksichtigung der lokalen Kaufkraft gleichermaßen einen Vorteil erzielen.

Der rechnerisch ermittelte Zu- oder Abschlag sollte zwischen Unternehmen und Beschäftigten aufgeteilt werden. Erst dann entsteht für Remote-Arbeiter ein zusätzlicher finanzieller Anreiz eine Stelle in einem Unternehmen anzunehmen.

Mit anderen Worten: der Softwareentwickler im Beispiel Weißenfels wird dadurch nicht auf das lokale Gehaltsniveau reduziert und ein Liebhaber Münchner Lebensfreude profitiert nicht überdurchschnittlich von seinem Standort, wenn das Unternehmen beider in Düsseldorf ansässig ist.

Diese Option des Teilens kann selbstverständlich auf das individuelle Gehalt als auch auf den regionalen Faktor angewandt werden. Auf diese Weise entsteht für das Unternehmen und auch für die Beschäftigten eine Win-win-Situation.

Vergütungssysteme sollten den anhaltenden Trend zu Remote Work berücksichtigen 
 

Home Office, Remote Work erfordert eine faire Vergütung
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Unternehmen können talentierte Fach- und Führungskräfte zukünftig besser finden und binden, wenn sie ortsunabhängige Jobs bieten. Die Corona-Pandemie verstärkt diesen Trend durch die Erfahrungen mit Home-Office bzw. Remote Work.

Die Möglichkeit am Lieblingsort zu arbeiten ist häufig buchstäblich ein geldwerter Vorteil. Vielfach sind die Lebenshaltungskosten abseits des Firmensitzes günstiger. Im Sinne einer fairen Vergütung aller Beschäftigten sollte dies berücksichtigt werden.

Bei der Festsetzung des individuellen Gehaltes oder beim Design der Gehaltsstrukturen können bspw. lokale oder globale Kaufkraftindizes berücksichtigt werden. Ergänzend gibt es viele Spielarten.

Mit der verstärkten Nutzung von Remote Work kann somit für Unternehmen und Beschäftigte eine Win-win-Situation entstehen.

Falls Sie mit mir persönlich über Ihre aktuelle Situation sprechen wollen oder individuelle Hilfe benötigen, dann lassen Sie uns einen unverbindlichen Telefontermin vereinbaren und besprechen, wie ich Sie unterstützen kann.

+49 (0) 30 217 511 69
beyfuss@respondeo.de

Geschrieben von Dr. Viktor Beyfuß

Viktor Beyfuß unterstützt Unternehmen, schnell kostenoptimiert, klare interne Wertigkeitsstrukturen und eine faire Mitarbeitervergütung zu gestalten.

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